St. Oswald. „Die Wanderung durchs Klosterfilz ist leicht zu meistern, wenn Sie höher hinauswollen, ist der Lusen wunderschön“, sagt Gerlinde Müllner. Sie steht im Waldgeschichtlichen Museum in St. Oswald an der Infotheke und erläutert einem jungen Paar anhand von Flyern passende Wandertipps. Währenddessen kommt ein kleiner Junge um die Ecke gerannt. Zusammen mit seinen Eltern hat er die Kinder-Rallye im Museum gemeistert und will sich nun seine Belohnung abholen. „In so einem Trubel fühle ich mich wohl“, sagt Gerlinde Müllner und lächelt zufrieden.
Seit fast 35 Jahren arbeitet die 59-jährige Reichenbergerin im Waldgeschichtlichen Museum. Eine lange Zeit, aus der es viele Geschichten zu erzählen gibt. Wie zum Beispiel über den Umbau des Museums im Jahr 2006, die unzähligen Ausstellungen oder die vielen Besuche von prominenten Politikern. „Da könnte ich ein Buch drüber schreiben.“
An was sich Gerlinde Müllner aber am liebsten erinnert, sind nicht die großen Ereignisse – sondern die kleinen. „Wenn ein Gast nach seinem Ausflug zu mir kommt und sich für den tollen Tipp bedankt, dann ist das für mich das größte Lob.“ Oder wenn Touristen vom Nationalpark so begeistert sind, dass sie immer wiederkommen. „Es gibt viele, die jeden Urlaub mal vorbeischauen.“ Einfach um „Grüß Gott“ zu sagen – oder sich einen neuen Ausflugstipp zu holen. Da kennt Gerlinde Müllner dann schon die Vorlieben und kann entsprechend beraten.
Doch es sind nicht immer nur Touristen, denen sie weiterhilft. Gerlinde Müllner ist zusammen mit ihren Kolleginnen auch für die Auskunft und Anmeldung beim Schulklassenprogramm zuständig. Der Nationalpark bietet interessierten Schulen einen Unterrichtstag in der Natur an. „Auch die Nachfrage in diesem Bereich wird größer.“ Für Gerlinde Müllner kein Problem. „Wir sind für den Gast da. Da lassen wir alles liegen und stehen“, sagt sie und entfaltet eine Wanderkarte. Der nächste Besucher steht schon an der Theke. − ga
Insider-Wissen für die Gastgeber
Draht nach Außen: Teresa Schreib und Katrin Wachter
Spiegelau. Gemächlich schlängelt sich ein gutes Dutzend Wanderer über einen kleinen Wanderweg. Sie folgen der Markierung „Fuchs“ in der Nähe von Spiegelau. Doch anstelle des Beutegreifers tauchen auf einmal drei Hasen im Bergmischwald auf. Die Tiere ziehen ein paar Minuten lang die volle Aufmerksamkeit der Gruppe auf sich, ehe sie wieder aus dem Blickfeld verschwinden. Den Stopp nutzen Teresa Schreib (37) und Katrin Wachter (49) sogleich dafür, wertvolle Infos weiterzugeben.
Es ist eine Führung, wie sie das Duo mehrmals im Jahr organisiert. Sie sind die Schnittstelle zu den touristischen Akteuren rund um das Schutzgebiet. Geografin Teresa Schreib arbeitet seit 2017 beim Nationalpark und kümmert sich hauptsächlich um die Kooperation mit den Tourismusverbänden sowie um das Thema ÖPNV Personennahverkehr. Biologin Katrin Wachter betreut seit 2013 das Projekt Nationalpark-Partner. Rund 70 Betriebe aus Hotellerie, Gastronomie und ÖPNV sowie Erlebnisanbieter haben sich in dessen Rahmen auf die Fahnen geschrieben, naturverträglichen Tourismus zu fördern und den Nationalpark-Gedanken weiterzutragen.
„Urlauber holen sich ihre Tipps ja oft nicht direkt bei uns ab, sondern bei ihren Gastgebern – zum Beispiel an der Infotheke im Rathaus, an der Pensionsrezeption oder in der Schutzhütte“, berichtet Schreib. „Genau deswegen wollen wir all jenen, die täglich mit Touristen zu tun haben, auch das nötige Wissen an die Hand geben, um kompetent und authentisch Auskunft geben zu können“, ergänzt Wachter.
Bei der Exkursion zum Fuchsriegel wird etwa nach Streckentouren gefragt, die gut mit Bus und Bahn machbar sind. „Schließlich können unsere Kunden dank Gästeservice Umweltticket ja kostenlos den ÖPNV in der Region nutzen“, sagt eine Hotelbesitzerin. Teresa Schreib zieht daraufhin eine Netzkarte aus ihrem Rucksack und preist ein paar eher unbekannte Route nan. „Dieser Input aus erster Hand ist einfachextremwichtig für uns. Damit können wir bei unseren Gästen punkten“, so ein anderer Nationalpark-Partner. − ga
WUSSTEN SIE EIGENTLICH?
- Der Nationalpark Bayerischer Wald wird von der Nationalparkverwaltung, einer Sonderbehörde des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz, betreut. Zusammen mit dem Nachbar-Nationalpark Šumava in Tschechien bildet er das größte zusammenhängende Waldschutzgebiet Mitteleuropas.
- Am 11. Juni 1969 stimmte der Bayerische Landtag einstimmig für den Gründungs-Beschluss zur Errichtung eines Nationalparks im Gebiet zwischen Rachel und Lusen. Am 7. Oktober 1970 wurde das im Landkreis Freyung-Grafenau gelegene Großschutzgebiet mit einer Größe von 13 000 Hektar als erster deutscher Nationalparks eröffnet.
- Erweiterung: Am 1. August 1997 wurde der Nationalpark im Falkenstein-Rachel-Gebiet um 11 000 Hektar im Landkreis Regen erweitert.
- Größe: 24 250 Hektar, davon sind 17 516 Hektar – rund 72,3 Prozent der Nationalpark-Gesamtfläche – Naturzone (Stand: 2019). Die Staatsregierung hat nun zum 50. Jubiläum vor, den Nationalpark Bayerischer Wald im Osten der Gemeinde Mauth an der Grenze zu Tschechien um zirka 600 Hektar zu erweitern. Es handelt sich dabei um Gebiete, der derzeit vom Forstbetrieb Neureichenau der Bayerischen Staatsforsten bewirtschaftet werden.
- Nach dem Leitsatz „Natur Natur sein lassen“ dürfen sich die Wälder mit ihren Mooren, Bergbächen und Gipfellagen nach ihren ureigenen Gesetzen zu einer grenzenlosen Waldwildnis entwickeln. Seltene Tiere wie Luchs, Auerhuhn, Habichtskauz sowie verschiedene Urwaldreliktarten bei den Totholzkäfern finden dadurch wieder ein Zuhause.
- Die besonders hohe Biodiversität fußt unter anderem auf dem hohen Anteil an Totholz, das für Insekten, Pilze und Vögel Nahrungsgrundlage und Lebensraum zugleich darstellt. Natürliche Prozesse werden zugelassen, indem auch tote oder durch Windwurf gestürzte Bäume im natürlichen Umfeld verbleiben.