Das Staatliche Bauamt Passau hat den Neubau des Werkstattgebäudes für seine Dombauhütte fertiggestellt und an den Hüttenbetrieb zur Nutzung übergeben. Seit Mitte Juni 2021 hat die Dombauhütte den Werkstattneubau bezogen und arbeitet nun an der Inneneinrichtung ihrer Arbeitsplätze für die Steinbearbeitung.
Die Bauarbeiten sind damit noch nicht abgeschlossen. Umfangreiche Grabungsarbeiten rund um das neue Gebäude zur Ver- und Entsorgung des Werkstattneubaus und der Nachbargebäude mit Strom, Wasser, Abwasser und Fernwärme, begleitende archäologische Untersuchungen sowie längere Bearbeitungszeiten beim Außenanlagenbau haben dazu geführt, dass sich die Wiederherstellung der Kiespflasterbeläge um das Gebäude noch bis in den Juli erstrecken wird.
Das neue Werkstattgebäude der Dombauhütte erkennt man schon von weitem durch sein besonderes ‚Gewand aus Holz“: Eine vertikale offene Lattenschalung aus lasiertem Lärchenholz, die nicht nur die Außenwände bekleidet, sondern die gesamten Dachflächen überspannt. Bei der äußeren Gestaltung des Neubaus war für Leitenden Baudirektor-Norbert Sterl vom Staatlichen Bauamt Passau, das für die Projektleitung der Baumaßnahme verantwortlich ist, von Anfang an wichtig, für die neue Bauhütte seiner Funktion entsprechend eine bewusst schlichte, aber zugleich anspruchsvolle Bauform zu finden, die die Passauer Dombauhütte auch als Teil des „Immateriellen Kulturerbes Bauhüttenwesen“ am Residenzplatz zeigen soll.
Diesen Anspruch an die Gestaltung des neuen Hüttengebäudes haben die mit der Planung und Bauüberwachung beauftragten Arc Architekten aus Bad Birnbach erfolgreich umgesetzt. Sie haben nicht nur die Außenwand- und Dachbekleidung, sondern auch die Tragkonstruktion des neuen Werkstattgebäudes komplett aus Holz konstruiert. Die tragenden Außenwände, Innenwände und Dachplatten bestehen aus 12 cm dicken, mehrschichtig verklebten großformatigen Plattenelementen aus Fichte. Pfetten, Unterzüge und Stützen sind in Brettschichtholz, ebenfalls aus Fichte, ausgeführt. Teil des Planungskonzeptes ist auch der deutlich sichtbare nach Osten geneigte Firstverlauf, der in dieser Ausführung parallel zur Topographie geplant wurde, um den Ostgiebel der Bauhütte zum Residenzplatz hin niedrig halten zu können, damit die Choransicht des Doms St. Stephan dadurch möglichst wenig verdeckt wird. Diese von den Planungsbeteiligten gewählte Neigung im Firstverlauf soll zu dem beabsichtigt einfachen und zurückhaltenden Gebäudeauftritt des Werkstattgebäudes in seiner prominenten Lage inmitten hochkarätiger Baudenkmäler am Passauer Residenzplatz beitragen.
Auch der Innenausbau der Werkstatt- und Lagerräume, die rund 140 m2 Nutzfläche umfassen, ist fertig. Die bis zu sieben Meter hohe Steinmetzwerkstatt ist über Oberlichtfenster im Dach sowie in der Westfassade belichtet und verfügt über sieben Arbeitsplätze, denen für die Arbeit am Stein jeweils eine eigene Absauganlage zugeordnet ist. Die Arbeitsplätze werden über eine Krananlage angedient, die Werksteine bis zu 3,2 Tonnen bewegen kann. Die Beheizung der Werkstatt erfolgt über Heizflächen an den Dachschrägen. Im Dachgeschoss über dem Lagerraum wurde zudem eine Werkstatt für kleinere Restaurierungs- und Reparaturarbeiten geschaffen.
Werkstatt und Werkhof werden für die Stein- und Materialtransporte künftig barrierefrei erschlossen sein, ebenso der Zugang zum Bauaufzug, der auf dem neuen Hofniveau barrierefrei wiederaufgebaut wurde. Das Werkstattgebäude ist auch mit einer barrierefreien Toilette ausgestattet.
Rund 1,3 Millionen Euro hat der Freistaat Bayern in das neue Werkstattgebäude der Staatlichen Dombauhütte Passau investiert, die derzeit 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.
Mit dem Neubau wurden hinsichtlich Ausstattung und Arbeitssicherheit die notwendigen Arbeitsbedingungen für eine effiziente Instandsetzungsarbeit der Dombauhütte zum Erhalt der wertvollen gotischen Bauteile des Passauer Doms geschaffen. In dem Werkstattgebäude werden künftig die Werkstücke für die Chor-Nordseite des Stephansdoms angefertigt. Damit kann die Instandsetzung des letzten großen spätgotischen Bauabschnittes am Passauer Dom beginnen, der allein etwa zehn Jahre in Anspruch nehmen wird. Die Chor-Nordseite zeigt noch den ursprünglichen mittelalterlichen Verband aus Kalkstein und Grünsandstein. Hier muss eine größere Anzahl von Steinen aus statischen Gründen zwingend ersetzt werden. Die steinmetzmäßige Steinbearbeitung, insbesondere bei der Neuanfertigung von zu ersetzenden Werkstücken, erfolgt dabei weitgehend mit traditionellen, teilweise jahrhundertealten Handwerkstechniken mit entsprechenden Werkzeugen.