Wälzen statt Schlummern: Schlafstörungen sind eine Volkskrankheit, auch viele Ältere sind betroffen. Für sie wird es Zeit für einen Wechsel der Gewohnheiten und ein Ende der Siesta.
Wie wichtig soziale Bindungen sind
Familie, Freunde, Lebensgemeinschaften – für die meisten von uns Dreh- und Angelpunkt im Leben. „Soziale Beziehungen sind das, was uns ausmacht und uns Menschen zusammenhält", erklärt Prof. Dr. Sonia Lippke, Leiterin der Abteilung Gesundheitspsychologie und Verhaltensmedizin an der Jacobs University Bremen. Welche Bedeutung dies für unsere Gesundheit hat und wohin sich die Gesellschaft hinsichtlich familiärer Werte entwickelt, hat die Weleda Trendforschung 2019 in einer Forsa-Erhebung unter mehr als 1000 Deutschen ermittelt. Eine Mehrheit von 60 Prozent meint, dass die Bedeutung der Familie in den letzten Jahren ,etwas‘ bis ,stark‘ abgenommen hat.
Einsamkeit betrifft viele Menschen
Besonders das Thema Einsamkeit beschäftigt viele. So fürchten 69 Prozent das Alleinsein im Alter, bei den 30- bis 44-Jährigen sind es sogar 75 Prozent. Einsamkeit wird bereits aktuell als Herausforderung gesehen: Jeder fünfte Deutsche fühlt sich einmal pro Woche einsam.
Eine positive Trendwende scheint ersichtlich: 53 Prozent der Jüngeren ist ein gutes Work-Life-Verhältnis, das mehr Zuwendung zum engsten Umfeld ermöglicht, viel wichtiger als älteren Befragten. Lippke bestätigt die Bedeutung enger Beziehungen: Sie sind die Grundlage für soziale Unterstützung – diese nimmt direkt und indirekt Einfluss auf die körperliche und psychische Gesundheit. Das kann vor allem Stress abpuffern. − djd
Na, gut geschlafen diese Nacht? „Nein“, antworten da viele ältere Menschen – und halten das für ganz normal. Schließlich schläft man im Alter halt schlechter, oder? „Das ist ein weit verbreiteter Irrtum„, sagt der Neurologe Prof. Peter Young. Er ist Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM).
Wie viel Schlaf ein Mensch braucht, ist individuell verschieden und genetisch festgelegt. Die einen brauchen fünf, andere zehn Stunden. „Dieser Bedarf verändert sich im Alter nicht zwangsläufig“, betont Young.
Schlafmittel sind keine Lösung
Eine mögliche Ursache für geringe Schlafqualität sind zum Beispiel Erkrankungen. „Wer häufig nachts aufstehen und Wasser lassen muss, empfindet nur selten seinen Schlaf als erholsam“, sagt Hans-Christian Blum. Er ist leitender Arzt der Somnolab-Privatklinik für Schlafmedizin.
Das verleitet Betroffene häufig dazu, ein Schlafmittel zu nehmen. „Damit ist aber die Ursache der Schlafstörung nicht aus der Welt“, betont Young. Nach seinen Angaben gibt es 80 verschiedene Schlafstörungen, die alle gut therapierbar sind. Wer länger als vier Wochen schlecht schläft und sich morgens nicht erholt fühlt, sollte seinen Hausarzt aufsuchen. Er überweist den Patienten gegebenenfalls an einen Schlafmediziner. Um zu einer genauen Diagnose zu kommen, lässt der Arzt den Patienten von seinen Gewohnheiten erzählen.
So können etwa psychosoziale Faktoren die Nachtruhe beeinträchtigen. „Vielen Älteren fehlt nach dem Eintritt in die Rentenphase eine Tagesstruktur“, erklärt Roland Popp. Er ist Wissenschaftler am Universitären Schlafmedizinischen Zentrum des Bezirksklinikums Regensburg. Hinzu kommen geringere soziale und körperliche Aktivitäten. Das kann den Schlaf-Wach-Rhythmus beeinträchtigen. Zudem neigen viele Ältere dazu, sich weniger im Freien aufzuhalten. „Das Tageslicht ist aber einer der wichtigsten Faktoren, um den Tag-Nacht-Rhythmus zu erhalten“, so Popp.
Wer sich weniger im Freien aufhält, kann eine Lichttherapie bei einem Facharzt in Erwägung ziehen. „Diejenigen, die nachts nicht ausreichend zur Ruhe kommen, sollten in jedem Fall den Mittagsschlaf weglassen“, so Blum weiter. Hält jemand die Siesta für unverzichtbar, aus welchen Gründen auch immer, dann sollte sie nicht länger als etwa 20 bis 30 Minuten dauern.Ein weiteres Problem: Viele ältere Menschen gehen tendenziell früh am Abend ins Bett, mitunter sogar gegen 20 Uhr. „Dann müssen sie sich aber auch nicht wundern, wenn sie morgens um drei oder vier Uhr wach werden und nicht mehr einschlafen können“, erklärt Young.
Ruhe und Rhythmus sind wichtig
Denn zu dem Zeitpunkt sei das Schlafpensum oft schon erfüllt. In einem solchen Fall kann es helfen, wenn Ältere ihre Gewohnheiten ändern und später ins Bett gehen - „und zwar dann, wenn sie auch wirklich müde sind“, sagt Blum.
Damit das Einschlafen gelingt, sollte das Schlafzimmer dunkel und die Umgebung ruhig sein. „Wer schnell durch Lärm etwa von der Straße oder durch andere akustische Reize wach wird, sollte nachts Ohrstöpsel tragen“, rät Popp. Auch regelmäßige Zubettgeh- und Aufstehzeiten fördern einen gesunden Schlaf – selbst dann, wenn man nicht mehr jeden Tag zur Arbeit geht.
Generell gilt aber: „Bitte etwas mehr Gelassenheit“, sagt Blum. Es sei völlig normal, dass man mal besser und mal schlechter schläft. Immer schlecht zu schlafen, ist aber auch im Alter nicht normal. − tmn