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„Auf jeden Fall ein Grund zum Feiern“, so Landrat Michael Fahmüller im PNP-Interview

Landrat Michael Fahmüller bei einem Besuch im Europareservat Unterer Inn in Ering. − Foto: red

Landrat Michael Fahmüller bei einem Besuch im Europareservat Unterer Inn in Ering. − Foto: red

01.07.2022

Selim Krasniqi aus Eggenfelden: „Ich bin schon 1990 aus dem Kosovo nach Rottal-Inn gekommen und heute ist das meine Heimat. Ich lebe gerne hier, weil die Menschen viel Lebensfreude haben, gerne feiern und nach der Arbeit auch einmal zusammensitzen auf ein Glas Wein oder auch eine Halbe Bier. Die Leute sind sehr freundlich und hilfsbereit, auch in der Firma, in der ich seit vielen Jahren arbeite. Und man darf nicht vergessen: Auch die Landschaft ist sehr schön – mir gefällt es hier sehr, sehr gut.

Vor 50 Jahren vollzog Bayern die Gebietsreform, und seit 50 Jahren gibt es den Landkreis Rottal-Inn. Wurden die Ziele erreicht? Was sind die Stärken und Schwächen von Rottal-Inn? Lesen dazu und zu weiteren Themen das Interview mit Landrat Michael Fahmüller.

Die Gebietsreform hatte vor 50 Jahren das Ziel, leistungsfähigere Gemeinden und Landkreise zu schaffen. Wurde das Ihrer Meinung nach erreicht?

Fahmüller: Ein pauschales Urteil ist hier schwierig. Grundsätzlich hatte die Gebietsreform mit Sicherheit Licht- und Schattenseiten. Insbesondere aus Gründen des Traditionsbewusstseins waren viele Menschen, auch hier im Landkreis, damals nicht ganz so glücklich damit. Wenn man die Leistungsfähigkeit von Gemeinden und Landkreisen als Grund für die Gebietsreform sieht, dann muss man berücksichtigen, dass diese Leistungsfähigkeit natürlich von einer Vielzahl an Faktoren abhängt. Gerade im ostbayerischen Raum war der Fall des Eisernen Vorhangs sicherlich ein wichtigerer Faktor als die Gebietsreform. Aber ich denke schon, dass sich in vielen Landkreisen und Gemeinden die Leistungsfähigkeit durch die Gebietsreform durchaus gesteigert hat.

Ein halbes Jahrhundert lang gibt es den Landkreis Rottal-Inn jetzt. Ist das ein Grund zum Feiern?

Fahmüller: Ein ganz klares Ja. Denn bei allen Bedenken und Vorbehalten – der Landkreis Rottal-Inn ist in den 50 Jahren seiner Geschichte ein Erfolgsmodell geworden, mit einer Entwicklung, um die uns viele andere Landkreise sehr beneiden. Wir sind ein innovativer, wachsender Landkreis und das ist der Verdienst all unserer Bürgerinnen und Bürger. Wenn das kein Grund zum Feiern ist!

Wie sehen Sie die Entwicklung? Sind EG und PAN inzwischen zusammengewachsen? Dass es wieder zwei verschiedene Kennzeichen gibt, spricht eher dafür, dass viele Menschen immer noch an alten Zugehörigkeiten und Eigenständigkeiten hängen. Wo gibt es möglicherweise noch Verbesserungsbedarf?

Fahmüller: Nein, das sehe ich eigentlich entspannt: Die Wiedereinführung der alten Kennzeichen hat ja überall stattgefunden und ist in den meisten Regionen sehr gut genutzt worden. Und das ist doch völlig in Ordnung: Mit dem Kfz-Kennzeichen, aber auch in anderer Weise einen gewissen Regionalstolz, eine lokale Identität zu demonstrieren, muss ja nicht bedeuten, die anderen Regionen des Landkreises in irgendeiner Form abzulehnen. Wir beobachten doch seit vielen Jahren, dass gerade in einem zusammenwachsenden, geografisch immer größeren aber politisch und wirtschaftlich immer stärker zusammenhängenden Europa, gerade die lokale und regionale Identität eine wichtige Rolle für die Menschen und ihr Heimatgefühl spielt. Für mich ist es kein Widerspruch, dass man beispielsweise als Eggenfeldener stolz auf seine Heimatstadt ist und sich gleichzeitig als Teil des Landkreises Rottal-Inn sieht und an dessen erfolgreicher Entwicklung teilhat. Lokales Konkurrenzdenken wird es dabei immer geben – das hat noch nicht einmal unbedingt etwas mit der Gebietsreform zu tun, auch benachbarte Dörfer können miteinander in Konkurrenz stehen und die entsprechenden Scherze und Sprüche über den jeweils anderen machen. Aber mir ist wichtig, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger in allen Ecken des Landkreises wohlfühlen, als Einwohnerinnen und Einwohner des Landkreises sehen. Verbesserungsbedarf gibt es immer, aber wenn wir die Entwicklung der vergangenen Jahre fortsetzen, sind wir da auf einem sehr guten Weg.

Was sind aus Ihrer Sicht die Stärken und die Schwächen des Landkreises? Was sind seine Besonderheiten?

Fahmüller: Eine ganz große Stärke des Landkreises ist mit Sicherheit der Zusammenhalt der Menschen hier. Das hat sich natürlich insbesondere bei der Flutkatastrophe gezeigt, und gerade zu dieser Zeit hat man auch gesehen, dass für diesen Zusammenhalt alte Landkreisgrenzen keine Rolle spielen. Eine weitere große Stärke ist unsere regionale, mittelständische Wirtschaft, die den Menschen in der Region gute und sichere Arbeitsplätze bietet und sich auch trotz widriger Umstände als sehr krisenresistent erwiesen hat, und natürlich auch die starke Landwirtschaft, die es uns ermöglicht, uns wirklich regional und damit ehrlich nachhaltig zu versorgen. Außerdem möchte ich als Stärke die Innovationskraft des Landkreises in vielen Bereichen, von der Ausbildung über die Gründerszene bis hin zur Technologie nennen, die nicht nur einen maßgeblichen Beitrag zur Schaffung moderner und zukunftsträchtiger Arbeitsplätze vor Ort leistet, sondern auch Wissen und Kompetenz in den Landkreis holt und somit zum erfolgreichen Wachstum von Rottal-Inn beiträgt.

Eine Besonderheit des Landkreises ist sicherlich, dass er einer der streusiedlungsreichsten Landkreise überhaupt ist. Und daraus entsteht auch eine, ich will nicht sagen Schwäche, aber doch eine gewisse Problematik, wenn man sich beispielsweise den Öffentlichen Nahverkehr ansieht. Gerade in einer Zeit, in der aus ökologischen, nun aber auch aus weltpolitischen und wirtschaftlichen Gründen der ÖPNV eine immer größere Bedeutung gewinnt, muss der Landkreis – wie alle ländlichen Regionen – hier sehr aufpassen, dass kein Mobilitätsproblem entsteht. Wir haben früh neue und innovative Verkehrsangebote erprobt, im Bereich autonomes Fahren und „on demand“. Ich glaube schon, dass darin die Zukunft liegt, aber bis es so weit ist, dass diese Angebote die Mobilität einer Vielzahl an Menschen sicherstellen können, sind wir auf den Individualverkehr, aufs Auto angewiesen, und das müssen wir auch immer wieder den Verantwortlichen in Berlin und München klarmachen.

Warum lohnt es sich, in Rottal-Inn, der „Heimat mit Herz“,wie es im Logo heißt, zu leben? Fünf Gründe, warum der Landkreis lebenswert ist.

Fahmüller: Die Herzlichkeit der Menschen, der Zusammenhalt der Bürgerinnen und Bürger, die Schönheit der Natur, das Gesamtangebot unseres öffentlichen Lebens und das typisch niederbayerische Heimat- und Lebensgefühl.

Was ist Ihr persönlicher Lieblingsplatz im Landkreis?

Fahmüller: Das ist als würde man ein Kind in eine Halle voller Süßigkeiten oder Spielzeug stellen: wie soll es sich jemals entscheiden? Der Landkreis hat eine solche Vielzahl an wunderbaren Orten, von Arnstorf bis Simbach, von Gangkofen bis Bayerbach – ich mag meine Heimat Egglham sehr gerne, und ich bin sehr gerne am Naturium, im Europareservat Unterer Inn und genieße die dortige Natur. Aber es ist eigentlich unmöglich, sich hier zu entscheiden.

Redaktionelle Mitarbeit bei den Sonderseiten „50 Jahre Landkreis Rottal-Inn: Christian Wanninger, Laura Stewart, Hannah Iretzberger, Johanna Stadler, Lisa Ragaller, Gerd Kreibich.

ICH LEBE GERN IN ROTTAL-INN, WEIL...

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DER LANDKREIS IN ZAHLEN

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Der Lauf der Rott – hier nahe Bad Birnbach – prägt das Bild des Landkreises mit. Insgesamt 1786,7 Kilometer lang sind die Gewässer, die durch Rottal-Inn fließen. − Foto: Gudrun Putz

1281,2 Quadratkilometer – so groß ist die gesamte Fläche des Landkreises Rottal-Inn.

3175,9 Kilometer Straßen verlaufen durch den Landkreis – davon sind 153,346 km Bundesstraßen, 212,648 km Staatsstraßen, 495,185 km Kreisstraßen und 2314,562 km Gemeindestraßen (davon 1809 km asphaltiert).

114 Meter (!) Autobahn gehören zum Landkreis. Dieses kleine Stück befindet sich an der Gemeindegrenze von Ering und Malching (Krs. Passau).

85362 Autos sind derzeit in Rottal-Inn zugelassen. Davon sind 514 Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb.

1786,7 Kilometer lang sind die Gewässer, die durch den Landkreis fließen. Davon entfallen auf Rott und Inn (Gewässer 1. Ordnung) 79,1 Kilometer. Bei den Gewässern 2. Ordnung (Altbach, Bina, Grasenseer Bach, Kollbach und Sulzbach) sind es 80,6 Kilometer und bei den Gewässern 3. Ordnung (die übrigen, kleinen Fließgewässer) kommt man auf 1627 Kilometer.

2859 landwirtschaftliche Betriebe gibt es in Rottal-Inn – davon 1137 im Haupt und 1722 im Nebenerwerb. 150 sind Biobetriebe. Auf 1205 Höfen stehen 104 874 Rinder, auf 240 Betrieben 77 974 Schweine.

32000 Hektar Wald gibt es im Landkreis. In Privatbesitz sind 30 180 Hektar. Staatswald sind es 1400 Hektar, Körperschaftswald 420 Hektar.

551,24 Meter über NHN (Normalhöhe Null) liegt der höchste Punkt im Landkreis. Es ist der Schellenberg in Simbach. Den tiefsten Punkt findet man mit 325,74 Metern über NHN am Inn nahe der Landkreisgrenze in Ering.

Quellen: Landratsamt, Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung.