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Wie Stress uns krank macht

Die zunehmende Belastung in der Arbeitswelt, Digitalisierung, Schnelllebigkeit und der gesellschaftliche Wandel führen zu zahlreichen mit Stress verbundenen Erkrankungen. Foto: Adobe Stock 

Die zunehmende Belastung in der Arbeitswelt, Digitalisierung, Schnelllebigkeit und der gesellschaftliche Wandel führen zu zahlreichen mit Stress verbundenen Erkrankungen. Foto: Adobe Stock 

19.03.2020

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Viele Menschen sind im Alltag dauerhaft gestresst – mit dramatischen gesundheitlichen Folgen.

Stresserkrankungen haben viele Gesichter: Schwindelattacken oder Herzrhythmusstörungen, ein Reizmagen oder Bluthochdruck, Menstruationsprobleme, Ohrgeräusche, sogar Impotenz oder ständig wiederkehrende Erkältungen – und Erschöpfung natürlich. Kein Wunder, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den beruflichen Stress als Krankheitsursache sogar zu „einer der größten Gefahren des 21. Jahrhunderts“ ernannt hat.

Arbeitsausfälle haben sich fast verdoppelt

Denn die Gesellschaft wird immer gestresster: und die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) ermittelte anhand von Krankenkassendaten, dass sich der psychisch bedingte Arbeitsausfall in der Zeit von 2000 bis 2012 fast verdoppelt hat.

„Die zunehmende Belastung in der Arbeitswelt, Digitalisierung, Schnelllebigkeit und der gesellschaftliche Wandel führen zu zahlreichen mit Stress verbundenen Erkrankungen“, sagt Christoph Haurand, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Kardiologie der Bergmannsheil- und Kinderklinik Buer in Gelsenkirchen. Wer zusätzlich zum sozialen Stress im Berufsleben Ärger im Privaten erlebt, ist besonders gefährdet.

Stress: Ein Erbe aus der Steinzeit

Doch warum macht Stress krank? Es beginnt mit dem sogenannten Stressnerv Sympathikus und den Stresshormonen Adrenalin und Cortisol. Sie erhöhen die Muskelspannung, beschleunigen den Puls und steigern den Blutdruck. „Adrenalin versetzt den Organismus in die Lage, extrem schnell Energie zu mobilisieren und Cortisol vermag die erhöhte Aktivität über eine lange Zeit aufrechtzuerhalten“, erklärt Haurand.

In der Steinzeit war diese Körperreaktion sinnvoll – zur Vorbereitung auf Kampf oder Flucht. Nach der körperlichen Aktivität folgten Ruhe- und Erholungsphasen in der heimischen Höhle. Doch heute versetzen die körpereigenen Mechanismen den Organismus stundenlang in Alarmbereitschaft.

Damit ist der Daueralarm unter anderem Grundstein für Schlaganfall und Herzinfarkt. Cortisol fördert zudem eine Wassereinlagerung im Körper und verursacht so Übergewicht. Die Adipositas (Fettleibigkeit) bei manchen Top-Managern ist demnach nicht ausschließlich auf viele reichhaltige Geschäftsessen und Alkoholgenuss zurückzuführen – sondern auch auf permanenten Stress. Außerdem unterdrückt Cortisol die Immunabwehr, weshalb sich Stress auch in Form von Lippenherpes oder unreiner Haut äußert.

Schöne Momente als Ausgleich

Doch gibt es auch positiven Stress? Die Stresshormone Adrenalin und Cortisol werden auch bei Geburtstagen, Hochzeiten oder beruflichen und privaten Erfolgen ausgeschüttet, erklärt Matthias Weniger, ärztlicher Psychotherapeut und Vorstand des Instituts für Stressmedizin Rhein-Ruhr. Allerdings sei die Stressreaktion hier nur von kurzer Dauer. „Danach werden Serotonin und Endorphine ausgeschüttet, die zu Glücksgefühlen, emotionaler Balance, rationalem Denken und guten Entscheidungen führen.“

Deshalb ist es wichtig, regelmäßig für schöne Momente im Alltag zu sorgen. Ein Treffen mit Freunden, sportliche Aktivitäten, Theater-, Kino- oder Konzertbesuche, Malkurse, Tanzkreise, Chorgesang – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Beim Kuscheln und Kraulen wird außerdem das Antistress- und Bindungshormon Oxytozin ausgeschüttet.

„Partner bieten sich emotionale Unterstützung, was der Gesundheit zugutekommt. Tatsächlich übersteigt die Lebenserwartung der Verheirateten die der ungebundenen Zeitgenossen gleich um mehrere Jahre“, sagt Prof. Thomas Klein, der in Heidelberg am Max-Weber-Institut für Soziologie forscht. „Außerdem bewahrt die soziale Kontrolle durch den Partner vor gesundheitsabträglichem Verhalten und fördert einen gesunden Lebensstil.“

Meditieren alleine reicht nicht

Mit oder ohne Partner – zur positiven Gestaltung des Alltags bieten sich Entspannungsverfahren wie autogenes Training, progressive Muskelrelaxation, Meditation, Yoga oder ein Achtsamkeitstraining an. Regelmäßige Entspannungsübungen reichen aber nicht aus, um typische berufliche Stressfaktoren wegzumeditieren - Personalverantwortung etwa oder Haftung für große Geldsummen.

Matthias Weniger rät daher grundsätzlich dazu, aus dem Hamsterrad herauszutreten und einen spontanen Zufriedenheitscheck mit einer Selbstbefragung durchzuführen: „Bin ich glücklich mit meiner Beziehung? Bin ich glücklich mit meiner Arbeit? Was möchte ich wirklich?“ − tmn