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„Einen Spitzenplatz zu haben, ist das eine. Einen Spitzenplatz zu halten, das ist eine große Herausforderung“, sagt der Landrat

Seit 50 Jahren gibt es Dingolfing-Landau

Landrat Werner Bumeder strahlt. Er freut sich, dass der Landkreis Dingolfing-Landau 50 Jahre alt ist und er freut sich auf die vielen Feierlichkeiten. Ein weithin sichtbarer Hinweis ist das Jubiläumskunstwerk. − Foto: C. Melis

Landrat Werner Bumeder strahlt. Er freut sich, dass der Landkreis Dingolfing-Landau 50 Jahre alt ist und er freut sich auf die vielen Feierlichkeiten. Ein weithin sichtbarer Hinweis ist das Jubiläumskunstwerk. − Foto: C. Melis

04.07.2022

Dingolfing-Landau. „Das ist meine Heimat“, das sollen die Bürger auch in Zukunft gerne sagen können. Für dieses Ziel stellt Landrat Werner Bumeder gerne seine Kraft zur Verfügung. Vor 50 Jahren, am 1. Juli 1972, wurde die Gebietsreform eingeläutet; ein Projekt, das sich über mehrere Jahre erstreckte und deren Wirkungen das Gesicht des Kreises nachhaltig geprägt haben.

           

Zwei Städte, sechs Märkte und sieben Gemeinden umfassen eine Einwohnerzahl von fast 100 000 Menschen. Auch dank der weitsichtigen Entscheidungen und wirtschaftlichen Entwicklungen im Landkreis Dingolfing-Landau scherte Niederbayern auf die Überholspur aus.

So viel Schlagkraft konnte sich nur durch die damalige Zusammenlegung zahlreicher Kleinstgemeinden entwickeln. Heute, 50 Jahre später, wird das Ereignis gebührend gefeiert, mit Wander-Kunstwerk, Jubiläumsabend, Landkreis-Buch und Film, einem eigenen Musikstück und weiteren Events.

Die damals verantwortlichen politischen Entscheidungsträger kamen zu der Erkenntnis, dass es größere Verwaltungseinheiten braucht, weiß Landrat Bumeder. Die kleinen Einheiten waren nicht mehr zeitgemäß, erklärt er. So wurde entschieden, Landkreise zusammenzulegen und natürlich auch Gemeinden. Aus damals 143 Kreisen in Bayern wurden 71, also etwa die Hälfte, wobei die Gemeinden im Landkreis von 27 auf 15 schrumpften. Bayernweit waren es vor der Reform um die 5000, nunmehr sind es an die 2000.

Verwaltungsaufgaben wurden schon damals immer komplexer, Aufgaben ebenso. Früher gab es den Gemeindeschreiber. Doch solche Strukturen wären ähnlich antiquiert wie ein Dorfpolizist in jedem Ort. Die Automatisierung nahm schon damals Fahrt auf, die Digitalisierung kam dazu – und machte vor den Gemeinden nicht Halt. Es entstanden neue Abteilungen und Fachgebiete, ein immer breiteres Expertenwissen war in Städten, Gemeinden und Kreisen gefragt.

Breites Expertenwissen ist in allen Städten und Gemeinden nötig

„Der Schritt war damals der richtige“, bilanziert Werner Bumeder. Doch ganz so einfach ging die Sache nicht über die Bühne. Die Gebietsreform dehnte sich bis in das Jahr 1978 aus. „Das war schon so angelegt, dass man 1972 mit den Landkreisen, den Städten und den Großgemeinden beginnt“, erklärt der Landkreis-Chef. Im zweiten Schritt 1978 wurden weitere Reformmaßnahmen umgesetzt.

Neudeutsch sagt man: „Synergieeffekte nutzen“. Das Vorhalten von moderner, teurer Technik in kleinsten Einheiten ist eben aufwendig. Es gab seinerzeit Gemeinden mit Einwohnerzahlen von 500 Bürgern. Eine eigene Verwaltung, ein eigenes Einwohnermelde oder Bauamt, ein Bauhof und das Bereitstellen von Gerätschaften und was noch alles daran hängt, war in diesen Gemeindegrößen nicht mehr zu stemmen. „In den neuen, größeren Einheiten ist das, so glaube ich, ganz gut umgesetzt“, sagt der Landrat. Knapp 100.000 Einwohner in einem Landkreis, das sei auch von den Entfernungen noch zumutbar und aus Bumeders Sicht „eine sehr gute Größe“.

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Der erste Kreistag wurde 1972 vereidigt. − Fotos: Landratsamt
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Das Landratsamt in der Oberen Stadt in Dingolfing. Vor 50 Jahren gab es viele Diskussionen, wo es untergebracht werden soll, aktuell ist es zu klein, einige Teilbereiche sind ausgelagert.
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Grundsteinlegung für das Landratsamt in Dingolfing. Damals waren noch nicht alle überzeugt, dass Dingolfing-Landau eine Erfolgsgeschichte werden würde.

Die Sonderform Verwaltungsgemeinschaft wie zum Beispiel von Mamming und Gottfrieding entstand daraus, dass sich man sich nicht auf Großgemeinden verständigen konnte. Dadurch ist diese Zwischenform entstanden: Die Verwaltung wird in einer Einheit zusammengelegt, aber es bleibt eine eigenständige Gemeinde mit eigenem Bürgermeister.

Nicht jedem Verantwortungsträger und nicht jedem Bürger gefiel seinerzeit die Fusion mit einem Nachbarort. Da spielte der Lokalpatriotismus eine große Rolle. Das hielt manchmal noch über viele Jahre an, manchmal sogar auf den Fußballplätzen. Doch mittlerweile sind ein, zwei Generationen an Zeit ins Land gezogen. Spürbar ist davon kaum noch etwas. Emotionale Wunden sind geheilt, Narben nicht zurückgeblieben.

Zusammenschluss sorgte für mancherlei Boshaftigkeit

„Im Großen und Ganzen ist alles zusammengewachsen. Auch im Kreistag kann ich mich seit langer Zeit an keine Entscheidung Altlandkreis Dingolfing gegen Altlandkreis Landau erinnern“, berichtet Landrat Bumeder.

Anekdoten aus den Siebzigern, wie die rivalisierenden Gruppen teils miteinander umgegangen sind, sind bis heute in Erinnerung geblieben. So war durch die Gebietsreform das Landauer Nummernschild abgeschafft. Das führte zu mancher Boshaftigkeit.

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Erster Landrat Fritz Ettengruber
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Zweiter Landrat Heinrich Trapp
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Dritter Landrat Werner Bumeder

In alten Zeitungen hat der Landrat eine Überschrift entdeckt: „DGF-Kennzeichen in Landau nicht sicher?“Es gab auch Aufkleber mit dem Slogan „Landau bleibt Kreisstadt“. Im Gespräch war auch eine große Vilstalgemeinde. Eine Kommission in Sachen Zusammenlegung wurde aber auf eine derart diffuse Tour geschickt, dass für sie gar nicht erkennbar war, wie nah Frontenhausen, Marklkofen und Reisbach tatsächlich beieinanderliegen.

Wie wäre es ohne diese Reform gelaufen? „Ich denke, dass wir bei den modernen, bürgerfreundlichen Verwaltungen nicht so weit wären“, ist der Landkreis-Chef überzeugt. Auch beiIndustrie-Einheiten oder Ausweisungen von Baugebieten waren unterm Strich ganz andere Größen und Investitionssummen möglich. Ob kleinere Gemeinden die Abwasserbeseitigung überhaupt hätten stemmen können, wagt er zu bezweifeln. „Das darf man nicht unterschätzen, dass größere Einheiten wirtschaftlicher sind.“

Eine leistungsstarke Verwaltungseinheit ist nicht nur effektiver, sondern kann bei Planungen und Entwicklungen auch alle Fachstellen einbeziehen. Für Entwicklungsprozesse mag auch das ein großer Vorteil sein. Schnellere Entscheidungen können herbeigeführt werden.

Dingolfing-Landau sorgt für Aufschwung in der ganzen Region

Noch immer schwingt Begeisterung mit, wenn Landrat Bumeder an die Genusstour mit dem Fahrrad Mitte Mai denkt, die unter Beteiligung von rund 120 Radlern von Dingolfing über Mamming, Leonsberg und Moosthenning führte. Dies war die Auftaktveranstaltung für die Jubiläumsfeierlichkeiten.

Das 50. Jubiläum wird die Landkreis-Bürger noch eine Zeit lang begleiten. Da ist das Wander-Kunstwerk von Kulturpreisträger Anton Kerscher auf Reisen, das in den Städten und Gemeinden zu sehen sein wird. Es war erstmalig ebenfalls in Leonsberg zu sehen.

„Wir werden unsere traditionellen Veranstaltungen auch unter dem Motto '50 Jahre Landkreis' abhalten.“ Die Jugendkulturtage oder die Kulturpreisverleihung zählen dazu. Die Stadt Landau veranstaltet in Kooperation mit dem Landkreis eine Ausstellung.

Festakt zum Jubiläum steigt am 1. Juli in der Stadthalle Landau

Am 1. Juli findet eine Jubiläumsveranstaltung in der Stadthalle Landau statt. Das abwechslungsreiche Programmbesteht aus Information, Talk und Kultur. Auch Gäste aus dem Partnerlandkreis Lomza sind eingeladen. Premiere hat an diesem Abend auch der neue Landkreis-Film sowie ein Musikstück, das hier heraus entstanden ist. Komponiert und getextet wurde es von Mathias Plechinger, eingespielt wurde es unter der Beteiligung von Serious Six.

Die Schönheit des Landkreises und einige herausragende Persönlichkeiten, Ereignisse und Besonderheiten sind im neuen Landkreis-Buch zu finden. Ab 1. Juli wird es erhältlich sein, berichtet Landrat Bumeder.

Das Zusammenwachsen und das Wir-Gefühl sollen auch durch ein Kunstwerk herausgestellt werden, an dem Auszubildende und Anwärter des Landratsamtes mitwirken. In einem Workshop wurde die Gebietsreform herausgearbeitet und entstanden ist daraus ein Puzzle, das einen Teil des Bühnenbildes bei der Jubiläumsveranstaltung prägen wird.

Welche Herausforderungen hat der Landkreis fürs nächste Jahrzehnt? „Einen Spitzenplatz zu haben, ist das eine. Einen Spitzenplatz zu halten, das ist natürlich eine große Herausforderung“, ist sich der Landrat bewusst. „Das ist natürlich mein Ziel, der Bevölkerung auch in Zukunft beste Lebensqualität bieten zu können.“ Gute Infrastruktur, Bildungseinrichtungen, leistungsstarke Krankenhäuser in Landau und Dingolfing oder die Hausarztversorgung im ländlichen Raum gehören dazu. „Dafür arbeite ich, dass der Landkreis auch in Zukunft so dasteht, dass die Bürger gerne sagen: 'Das ist meine Heimat!'“ Christian Melis