Höchstes Lob aus berufenem Munde hat es für die Köpfe gegeben, die hinter der Konzeptionierung des neuen Stadtteils Kohlbruck standen. Ein Beispiel dafür ist eine Abhandlung von Karl August Friedrichs (1936-2016), Gründungskanzler der Universität Passau, zu dem Thema.
Der Autor nennt darin Joseph Gevatter und Herbert Wendl, die beiden Geschäftsführer der im Dezember 1994 eigens gegründeten Grundstücksverwertungsgesellschaft Passau GmbH, sowie Stadtdirektor Dr. Karl Geisenberger, den er als einen der maßgeblichen Befürworter und damit zu den nicht hinwegzudenkenden Initiatoren des neuen Stadtteils Kohlbruck" zählt. Geisenberger habe seinerzeit davor gewarnt, die Entwicklung Kohlbrucks der öffentlichen Hand zu überlassen. ,,Überhaupt räumte Dr. Geisenberger viele Steine aus dem Weg", ist in Friedrichs Zeilen zu lesen.
Der ehemalige Uni-Kanzler schreibt vor allem aber dem damaligen Oberbürgermeister Willi Schmöller "wahrhaft eine mutige Entscheidung" zu, die der heutige Alt-OB vorwärts getrieben habe, wobei er auch von der damaligen Opposition im Stadtrat Unterstützung erfahren habe. ,,Grundsätzliche Beschlüsse waren immer einstimmig", heißt es in dem Text weiter. Schmöller selbst stellte in einem Vorwort zu einer Kohlbruck-Broschüre fest, dass sich mit dem Abzug der Soldaten aus Passau im Jahr 1993 für die Stadt Passau große Hoffnungen und neue Perspektiven in Bezug auf die künftige Nutzung des ehemaligen Bundeswehrgeländes in Kohlbruck eröffnet hätten.
„Zugleich wurden alle Beteiligten, vor allem das städtische Tochterunternehmen Grundstücksverwertungsgesellschaft Passau mbH als Eigentümer, vor die große Herausforderung gestellt, städtebauliche, ökologische, landschaftsplanerische und wirtschaftliche Zielvorstellungen miteinander in Einklang zu bringen", betont Schmöller in dem Editorial von damals. Mit Verweis auf den Broschüren-Titel ,,KOHLBRUCK, Mensch und Natur im Nebeneinander" vertritt der frühere OB die Auffassung, dass es mit Hilfe sorgfältiger Untersuchungen und umfangreicher Erhebungen gelungen sei, den Ansprüchen von Mensch und Natur in hervorragender Weise gerecht zu werden.
Ebenso machte Schmöller damals auf die veränderte politische Situation im Osten Europas mit dem Fall des Eisernen Vorhangs aufmerksam, infolgedessen der Standort Passau seit 1990 in eine zentrale Position gerückt sei.
"Dem daraus resultierenden Mehrbedarf an Wohn- und Gewerbeflächen sowie dem Bedarf an zusätzlichen Flächen für Freizeitangebote wird mit den bisherigen Planungsergebnissen in beispielhafter Weise Rechnung getragen", so das Stadtoberhaupt. Gerade in der Dreiflüssestadt Passau, die seit Jahrhunderten Lebensqualität und Menschlichkeit für ihre Einwohner gewährleiste, sei auch der Einsatz für die Natur und deren Schutz besonders wichtig.
Große Teile des ehemaligen Standortübungsplatzes Kohlbruck weisen nach den Worten Schmöllers Vorkommen seltener, gefährdeter und geschützter Tier- und Pflanzenarten auf, die im Stadtgebiet von Passau und darüber hinaus im weiteren Umfeld einzigartig sind. Mit der Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes Kohlbruck habe man die Voraussetzungen dafür geschaffen, die Schönheit und Vielfalt von Natur und Landschaft in diesem Gebiet nicht zuletzt zum Wohle der dort lebenden Menschen dauerhaft zu erhalten", unterstreicht der damalige OB in der Broschüre.
Im letzten Absatz des Vorwortes zeigt sich Schmöller überzeugt davon, dass so in diesem Bereich der Grundstein für die Schaffung eines attraktiven Wohngebietes und eines Gewerbe-, Freizeit- und Messegeländes mit allen positiven Auswirkungen für Passau und seine Umgebung gelegt worden ist. Ein in einem anderen Schriftstück über die Umwandlung des früheren Bundeswehrareals in den neuen Stadtteil Kohlbruck abgebildetes Diagramm zur Flächenaufteilung unterstreicht die Aussagen des früheren Oberbürgermeisters eindrucksvoll. Demnach stellen Naturschutzflächen mit 22 Hektar den deutlich größten Teil des insgesamt 68,6 Hektar umfassenden Gebietes dar, gefolgt von Gewerbeflächen (14,4 Hektar) und Wohnen (13,7 Hektar). Der Wohnpark Kohlbruck, der im Westen und Süden unmittelbar an den Neuburger Wald angrenzt, wurde seinerzeit als ,,eine im besten Sinne menschliche Siedlung" angepriesen.
In einem Flyer war von großen zusammenhängenden Freiflächen die Rede, die den Charakter des Naherholungsgebietes atmen und eine enge Verzahnung der einzelnen Hausgruppen - vom Einfamilien-, Gartenhof-, Winkel-, Doppel- und Reihenhaus in Bauabschnitt I bis hin zum Geschoßwohnungsbau in folgenden Bauabschnitten - mit der Landschaft schaffen würden. Die Bauweise passe sich dem vorhandenen Gelände an, wobei vielfältige und eigenständige Quartiere mit hoher Aufenthaltsqualität auf den öffentlichen Wegen und Plätzen entstünden, so der Inhalt der kleinen Broschüre. Als die drei Säulen des Wohnparks werden Stadt, Leben und Natur skizziert. ,,Ein neuer Stadtteil entsteht - gleichsam über Nacht und doch harmonisch entwickelt und gewachsen", unterstreichen die Projektanten, nach deren Worten eine Vielfalt der Wohnformen in familiengerechter und mehrgenerationenfähiger Bauweise herrscht, durch barrierefreies Bauen, Einsatz ökologischer Materialien, Niedrigenergiebauweise sowie zentrale Versorgung für Heizung und Warmwasser aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen komplettiert. Hervorgehoben werden auch der sanfte Übergang von privatem zu gemeinschaftlich nutzbarem Raum sowie verkehrsberuhigte Wohnwege. Das Fazit: „Im Wohnpark Kohlbruck wächst Leben heran." Alles in allem ein Konzept mit Weitblick.
Schnell etabliert hat sich auch die Überzeugung, dass ohne die Existenz des Wohn-, Gewerbe- und Messeparks Kohlbruck - mit der vorhandenen Verlagerung von Veranstaltungen, Messen und Dulten - die Neue Mitte in Passau nicht machbar und wohl auch nicht finanzierbar gewesen wäre. So gesehen sprechen zwei Schlagzeilen von 2009 für sich, die da lauteten: ,,Begehrter Wirtschaftsstandort mit rund 2000 Jobs" und „Von der Kaserne zum Vorzeige-Stadtteil". Die Rede ist vom Beginn einer Boom-Zeit nach dem Ende des Bundeswehrstandortes - ein Boom, der bis heute anhält.
bp